Heute habe ich ein Interview mit unserem ältesten Mitglied, Horst Richter, für euch.
Horst wird am 19.05. schon 87 Jahre alt und ist immer noch möglichst bei jedem Heimspiel der 1. Herren als Schriftführer mit dabei. Bis vor wenigen Jahren ist er sogar noch zu den Auswärtsspielen mitgereist.
Mit Horst habe ich vor allem über die 90iger und 2000er Jahre gesprochen, da er damals sehr eng an der 1. Herrenmannschaft dran war und viel berichten kann.
Als großer aktiver Spieler, war Horst beim TTC nie bekannt, aber als Mädchen für alles, war er viele Jahre einer der großen Helden unseres Vereins.
Viel Spaß beim Lesen des Interviews. 😊
1. Frage:
Hallo Horst, schön dass du dir die Zeit für unser Interview nimmst.
Erzähle uns doch mal, wie und wann bist du zum Tischtennis in Finow gekommen?
Horst:
Ich war damals Fußballer und hatte mit Tischtennis gar nichts am Hut. Doch mein guter Bekannter Siegfried Guhl, damals engagierter Tischtennisspieler beim SV Stahl Finow, hatte mich 1976 gefragt, ob ich nicht mit nach Prag zur Europameisterschaft kommen möchte. Denn die 1. und 2. Herrenmannschaft des SV Stahl Finow hat damals gemeinsam dieses Event besucht. Aus der zweiten Mannschaft ist allerdings kurzfristig jemand ausgefallen und so haben sie noch einen Lückenfüller gesucht. Das war letztendlich ich. Während die 1. Mannschaft nach Prag geflogen ist, sind wir damals mit dem Zug gefahren. In den zwei Tagen dort vor Ort habe ich dann alle Spieler der 1. und 2. Mannschaft, um Lemke, Rieß, Nießner, Goede und Hülsebusch ganz gut kennen gelernt.
Bedingung für meine Teilnahme an der Reise war übrigens ein Vereinseintritt. So bin ich dann auch Mitglied gewesen.
2. Frage:
Interessante Geschichte. Hast du dann im Anschluss an die Europameisterschaft auch angefangen selbst zu spielen?
Horst:
Ja. Als ich aus Prag zurückgekommen bin, hat mir Egon Lemke einen Schläger gegeben. Damit habe ich dann ein wenig spielen gelernt. Aktiv habe ich aber eigentlich nur in der Betriebsmannschaft zusammen mit Siggi Guhl, Günter Seifert und Olaf Kieslinger gespielt.
So bin ich immer ein wenig besser geworden, aber wirkliches Training hatte ich nie. Viel hatte ich mir versucht abzuschauen in den Spielen der DDR-Oberliga. Besonders Lemke habe ich immer bewundert.
3. Frage:
Ich kenne dich ja noch als Vorstandsmitglied und heimlicher Hallenwart in der Heinz-Seeger-Halle. Mittlerweile hast du deine Aktivität leider ziemlich zurückfahren müssen aufgrund deiner gesundheitlichen Probleme.
Doch wann hast du begonnen dich im Verein zu engagieren?
Horst:
Ich denke das war in den 80iger Jahren als ich als Kassierer angefangen habe.
Damals gab es noch Spielerpässe die ordentlich zu führen waren und in denen z.b. jährliche ärztliche Untersuchungen, die bei jedem Spieler gemacht werden mussten, einzutragen waren.
Das alles hatte ich damals gemacht.
Später war ich dann Mädchen für alles und in der Zeit unter Präsident Holger Schmidt war ich vor allem für die 1. Herrenmannschaft zuständig. Ich habe dafür gesorgt, dass es den Spielern an nichts gefehlt hat.
4. Frage:
1994 hatte sich aus der Tischtennisabteilung beim SV Stahl Finow, der Finower TTC gegründet. Weißt du noch was damals die Gründe dafür waren?
Horst:
Damals waren noch Henry Schiffer und Siggi Guhl die führenden Köpfe der Abteilung, bzw. dann des Vereins.
Da es vom Walzwerk, dass den Stahl Finow und besonders unsere Abteilung zu den DDR-Zeiten hervorragend unterstützte, kaum noch Geld gab konnten wir als Abteilung keine großen Sprünge mehr machen.
Schiffer hatte damals als Unternehmer gute Kontakte zu vielen potenziellen Sponsoren. Die Gründung eines eigenständigen Tischtennisvereins war in Schiffer´s Augen war deshalb sinnvoller.
So kam es das wir uns als Abteilung ausgliederten und selbstständig machten.
5. Frage:
Gleich im 1. Jahr des Finower TTC ist das Geld anscheinend ja reichlich geflossen. Denn die Mannschaft konnte so stark gemacht werden, dass man Meister der Regionalliga wurde und somit in die 2. Bundesliga aufstieg. Wie hast du damals die Jahre erlebt und warum musste die Mannschaft nach zwei erfolgreichen Jahren in der 2. Liga aus dieser Liga zurückgezogen werden?
Horst:
Es war eine interessante Zeit. Wir hatten die Heimspiele in der Halle im Baff, aber auch im Fit&Fun gemacht. Wir hatten damals mit über 300 Zuschauer im Schnitt, den besten Zuschauerschnitt der 2. Bundesliga.
Die Anforderungen an den Verein wurden natürlich auch immer größer. Ich weiß noch wie Kreanga damals sagte, dass der Hintergrund ihm zu Hell sei.
Daraufhin war ich noch schwarzen Stoff und 100 Sicherheitsnadeln kaufen, um den Hintergrund dunkler zu bekommen. Das war ein Aufwand damals.
Auch an den Netzen oder Tischen hatten andauernd unsere oder die gegnerischen Spieler etwas rumzumeckern. Ich habe es noch in den Ohren: „Horst die Tische stehen nicht gerade“, „Horst das Netz ist nicht richtig gespannt“, und so war ich damals schon, obwohl ich offiziell noch gar keine Funktion im Verein hatte, ziemlich beschäftigt.
Aber es ist nicht so, dass es mir kein Spaß gemacht hat. Ich habe es gerne gemacht und hatte ja dann während den Spielen auch immer wunderbaren Tischtennissport zu sehen bekommen.
Das die Mannschaft dann 1997 zurückgezogen wurde, lag am lieben Geld. Henry Schiffer, der damals unser Präsident war, hatte wohl durch den Verein ziemlich Schulden gemacht. Ich glaube er musste sogar sein Blumengeschäft aufgeben.
Letztendlich hat er sich mit dem Unterfangen 2. Bundesliga ziemlich übernommen. Es sollen auch noch einige Rechnungen von Spielern damals offengeblieben sein.
6. Frage:
Letztendlich führten die Schulden, die ja zum Teil auch der Verein hatte, zur Vereinsauflösung im Jahr 2000. Gleichzeitig wurde der TTC Finow-GEWO Eberswalde gegründet.
Was hast du daran für Erinnerungen?
Horst:
Ja so war es. Einige Spieler hatten sich Rechtsanwälte genommen und gegen den Verein geklagt. Das endete meist in Vergleichen. Der Verein war am Ende bankrott und so kam es dass der Unternehmer Holger Schmidt, dessen Sohn auch bei uns spielte, dafür sorgte das die Schulden größtenteils beglichen wurden und der Verein aufgrund des Bankrotts abgemeldet wird.
So wurde von ihm im Jahr 2000 der TTC Finow-GEWO Eberwalde gegründet, der alle Spielklassen des Finower TTC übernahm. Bei der Gründungsfeier war ich dann u.a. mit Eckhard Brunnlieb, Holger Schmidt und Lajos Tamas dabei.
Schmidt, dessen Firma damals bei uns Hauptsponsor war, nahm damals viel Geld in die Hand, sanierte die Heinz-Seeger-Halle und kaufte neue Spieler, um die 1. Herrenmannschaft wieder nach oben zu bringen. Die Berliner sagten immer „Wir spielen am liebsten beim TTC Finow“. Das lag natürlich nicht an unserer schönen Stadt oder der schönen Halle, sondern das Schmidt damals um einiges besser als es marktüblich war, die Spieler bezahlte.
7. Frage:
Schon in den 90igern war es so, dass viele Ur-Finower den TTC verließen zum ESV Eberswalde wechselten.
Wie kam es dazu?
Das lag vor allem daran, dass viele gut bezahlte auswärtige Spieler geholt wurden und die einheimischen Spieler kaum wertgeschätzt wurden. So haben sich viele nicht mehr wohlgefühlt unter der damaligen Führung und haben ihr Glück beim ESV versucht.
Der ESV hat sich natürlich gefreut, denn durch unsere starken Spieler sind sie bis in die Oberliga aufgestiegen.
Die letzten die gegangen sind waren ja dann die Finower Eigengewächse Arvid Petermann und Marc Schinkel. Das war aber unter Schmidt. Sie wurden damals wohl beschuldigt nicht fair zu Marcus Schmidt gewesen zu sein und haben deshalb den Verein gewechselt.
8. Frage:
Was war dein schönstes Erlebnis mit dem Verein?
Ich hatte sehr viele schöne Erlebnisse, besonders damals zu den Regionalligazeiten in den 90igern.
Sehr viele schöne Auswärtsfahrten mit der Mannschaft, in denen wir viel erlebt haben.
Ein echtes Highlight fällt mir da aber nicht ein.
Allerdings kann ich mich noch gute an unsere schlimmste Auswärtsfahrt erinnern.
Wir sind Anfang der 90iger mitten im Winter zum Punktspiel in Kiel gefahren.
Die Straßen waren vereist und wir hatten uns auf der Höhe Hamburg verfahren und sind statt weiter nach Kiel, in die Stadt Hamburg gefahren. Denn die Schilder waren damals so vereist, dass man darauf nichts mehr erkennen konnte. Navigationsgeräte gab es damals ja noch nicht. Aufgrund des Glatteises konnten wir uns auch nur langsam fortbewegen. Letztendlich hatten wir doch nach Kiel gefunden, waren dort aber drei Stunden zu spät. Gerade als wir auf den Parkplatz der Halle raufgefahren sind, sind die Gegner weggefahren, obwohl sie gesehen hatten das wir kamen.
Das hatte uns natürlich sehr geärgert und so war die lange Rückfahrt, ohne einen Ball gespielt zu haben, auch nicht gerade schön.
9. Frage:
Wer ist für dich dein Lieblingsspieler der mal für Finow aktiv war oder noch ist?
Horst:
Sehr gemocht habe ich Li Lin der damals zu von 2001 – 2003 bei uns gespielt hat. Bei ihm war ich fast täglich zu besuch. Er hatte von Schmidt ja hier eine eigene Wohnung bekommen und ich habe mich ein wenig um ihn gekümmert.
Auch Patrick Strahl war und ist ein toller Typ. Mit ihm habe ich mich wirklich gut verstanden und war auch zu seinem Polterabend eingeladen.
10. Frage:
Wie hast du damals das Verhältnis zwischen Finow und dem ESV Eberswalde gesehen.
Beim ESV haben ja viele Jahre sehr viele Spieler aus Finow gespielt.
Haben sie trotzdem auch mal in Finow trainiert oder waren zu den Spielen gucken, oder war damals alles sehr eisig? Und wie kam es dann 2007 zur Fusion?
Horst:
Anfangs habe ich noch alles relativ entspannt erlebt. Unter Schmidt wurde es dann etwas angespannter zwischen den zwei Vereinen.
Ich habe noch den Satz im Kopf: Finow ist Bayern München und der ESV Eberswalde ist 1860 München. 😀 Diesen Satz werde ich nie vergessen.
An der Fusion hat vor allem Wolfgang Grabka große Anteile. Er war ja auch Rechtsanwalt und hat dafür gesorgt, dass es gut funktioniert hat mit der Fusion.
Der ESV war wohl besonders mit ihrer Spielstätte unzufrieden und in Finow hat ja, nachdem Schmidt 2005 gegangen ist, die Qualität im Herrenbereich gefehlt. Da hat die Fusion für beide Vereine großen Sinn gemacht.
11. Frage:
Zum Ende kommt unsere traditionelle Frage: Wenn du eine Regel ändern könntest, welche wäre das?
Horst:
Ich denke das die Materialschlacht zu groß ist. Man sollte die Auswahl an Belägen einschränken, so das es am Ende von jeder Belagart nur noch einen gibt.
Vielen Dank für deine Zeit Horst!