Im Monat November dürfen wir mehr über unseren ehemaligen Weltklassespieler Wolfgang Vater erfahren.
Wolfgang, der allen besser als Vati bekannt ist, ist ein echtes Finower Urgestein. Im Interview beantwortet er viele Fragen ausführlich und hat auch die ein oder andere Anekdote parat. Hätte ich jede aufgeschrieben, wäre das Interview doppelt so lang geworden, aber nun viel Spaß beim lesen. 😉
1. Frage:
Hallo Vati, schön, dass du dir für unser Interview Zeit nimmst und mir überhaupt zugesagt hast
Wie viele wissen, bist du ja trotz deiner über 51 Jahre, die du nun hier schon lebst, kein waschechter Finower. Du lebst ja mehr oder weniger nur aufgrund unseres Vereins hier. Erzähle uns doch mal woher kommst du ursprünglich und wie bist du aufgewachsen?
Vati:
Ich komme ursprünglich aus Lauta und habe dort im ansässigen Verein mit dem Tischtennis begonnen, ehe mich mein damaliger Schulfreund Heinz Amft, mit dem ich dann später auch in Finow noch zusammen gespielt habe, zum 10km entfernten Verein Aktivist Heide gelockt hat.
Dort haben besonders wir zwei uns enorm nach vorn gepuscht, so dass wir schnell zu den besten Nachwuchsspielern der DDR gehörten. So konnte ich schon als Jugendlicher große Erfolge feiern, wie z.b. den DDR-Meister Titel im Einzel und Doppel.
Heinz Amft wurde dann im Alter von 16 Jahren nach Leipzig delegiert. Ich habe als damals 14-jähriger DDR-Meister natürlich Hoffnungen gehabt, dass ich mit ihm zusammen dorthin gehen kann.
Doch da ich einen Bruder im Westen hatte, ja diesen Grund nannten sie tatsächlich meiner Mutter, hatten sie mich vorerst nicht berücksichtigt.
Ein Jahr später wurde mir dann bei der DDR-Meisterschaft der Jugend mitgeteilt das ich ab Februar Mitglied des SC Leipzig bin. Dies hat mich so sehr gefreut und motiviert, dass ich überraschend die DDR-Meisterschaft der Jugend gewonnen habe.
In Leipzig wohnte ich dann in einem Internat und schaffte es mich weiterhin sehr positiv zu entwickeln, so dass ich schon ein Jahr später mit 16-Jahren bei den Europameisterschaften der Herren in London teilnehmen durfte.
Das war eine überragende Erfahrung für mich. Nachdem ich dort erstmals in der Herren Nationalmannschaft überzeugen konnte, war ich als Nationalspieler gesetzt.
2. Frage:
Du warst dann damals Ende der 60iger und Anfang der 70iger Jahre einer der besten Spieler Europas. Wie hast du die Zeit damals erlebt und was waren deine größten Erfolge?
Vati:
Mein größter Erfolg war die Viertelfinalteilnahme im Doppel bei der Weltmeisterschaft zusammen mit Egon Lemke.
Erfolge sind natürlich auch die zahlreichen DDR-Meistertitel, aber das WM-Viertelfinale war schon ein echtes Highlight. Leider sind wir dort an zwei Japaner gescheitert.
Eine tolle Erfahrung war für mich auch der Sieg über die nun leider kürzlich verstorbene TT-Legende aus Frankreich, Jacques Secrétin im Jahr 1968 bei der Europameisterschaft der Herren in Lyon.
Gerne hätte ich auch noch einen Titel auf internationaler Ebene gewonnen.
1967 hätte es funktionieren können. Ich war in der Jugend die Nummer 1 in Europa und war folgerichtig bei der Jugend Europameisterschaft an 1 gesetzt.
Leider bekamen wir 3 Tage vor Abreise die Info das wir DDR-Spieler in diesem Jahr nicht an der Europameisterschaft teilnehmen dürfen, da ein jugendlicher Tennisspieler aus der DDR bei einem Turnier in der Schweiz abgehauen ist. Deshalb durfte in diesem Jahr keine Jugenddelegation aus der DDR mehr ins Ausland fahren. Das war für mich eine große Enttäuschung.
3. Frage:
Vor 51 Jahren bist du dann aus Leipzig nach Finow gekommen. Wie kam es damals zu dem Wechsel?
Vati:
1968 gab es im Spitzentischtennis der DDR einen Schnitt. Denn plötzlich wurden die Sportler der Nichtolympischen Disziplinen nicht mehr gefördert. Vor einem Tag auf den anderen war ich kein Profi mehr sondern Amateur.
Im Sommer 1969 bekam ich dann von Egon, der mit mir zusammen in Leipzig gespielt hatte, aber bereits im Januar 1969 nach Finow gewechselt war, die Anfrage ob ich nicht auch Lust habe nach Finow zu kommen. „In Finow ist was los, da musst du mitkommen“, meinte er.
Letztendlich hat mich natürlich vor allem die lukrative Anstellung im Walzwerk gelockt, durch die ich praktisch als Vollprofi leben konnte.
4. Frage:
Hattest du damals schon geplant hier in Finow heimisch zu werden?
Vati:
Nein den Plan hatte ich damals nicht wirklich. Nach dem Ablauf meines 3-Jahres Vertrags, habe ich angefangen in Berlin zu studieren und wurde trotzdem parallel vom Walzwerk Finow gefördert, so dass ich weiterhin für Stahl Finow aufgeschlagen habe.
Anschließend habe ich mir dann zusammen mit meiner Frau überlegt, das wir ja in Finow nun auch bleiben und richtig heimisch werden könnten.
5. Frage:
Wie sah damals zu deinen „Profizeiten“ in Finow, dein Tischtennistraining aus?
Vati:
Wir haben 4 Mal die Woche zwei Mal am Tag miteinander trainieren können. So sind dann natürlich auch die Nachwuchsspieler wie die Gebrüder Bessert oder später auch die Gebrüder Kirsten immer stärker geworden und später in unsere Fußstapfen getreten.
6. Frage:
Seit den 80iger Jahren, warst du fast immer in der 2. Mannschaft oder tiefer aktiv.
Wie kam es dazu? Die Leistungsstärke für die 1. Herren solltest du doch gehabt haben.
Vati:
Anfang der 80iger Jahre kamen meine 3 Kinder auf die Welt.
Seitdem habe ich mir gesagt, dass ich keine Turniere mehr Spiele und auch im Punktspielbetrieb etwas kürzen treten werde. Ich habe mich also mehr auf meine Familie konzentriert. Tischtennis war zwar immer noch meine große Liebe, allerdings hatte ich keine großen Ziele oder Ansprüche mehr.
7. Frage:
Seit 2015 hast du keine Wettkämpfe mehr bestritten und warst bis vor wenigen Monaten auch nicht beim Training zu sehen.
Wie kam es zu dieser Auszeit?
Vati:
Wenn man solange Tischtennis spielt, dann hat man irgendwann genug. Dazu kamen leider auch gesundheitliche Einschränkungen, die mich gezwungen haben aufzuhören.
8. Frage:
Seit einigen Monaten trainierst du nun wieder fleißig mit den Senioren. Bist du nun also wieder fit und planst du auch ein Comeback im Mannschaftsspielbetrieb?
Vati:
Meine alten Freunde haben mich immer wieder angesprochen, ob ich nicht mal wieder in die Halle kommen möchte. Vor einem halben Jahr habe ich mich dann darauf eingelassen und bin mit zum Seniorentraining am Donnerstagvormittag gegangen.
Dort habe ich tatsächlich viel Spaß mit meinen alten Sportfreunden Volker, Jürgen oder auch Horst zu spielen.
Wettkämpfe möchte ich aber nicht mehr spielen, da dies für meinen Körper wohl zu viel wäre. Man kann sich ja dann doch schlecht zurückhalten. Die 2 Stunden Training in der Woche reichen mir.
9. Frage:
Was kannst du als ehemaliger Weltklassespieler, der heutigen TT-Jugend mit auf dem Weg geben?
Vati:
Das es am wichtigsten ist das man Freude am Sport hat und es kein Muss ist.
Man sollte sich nicht zwingen müssen sondern mit Freude daran haben, so wie ich mich damals fast jeden Tag nach der Schule gefreut habe, das ich Tischtennis spielen konnte. Für diese Sportart muss man richtig brennen. Talent allein reicht nicht. Ehrgeiz und Fleiß gehören voll mit dazu.
10. Frage:
In deiner Karriere hast du viele Regeländerungen miterlebt.
Welche war für dich die gravierendste Änderung?
Vati:
Die gravierendste war auf jeden Fall die von 21 auf 11. Diese Umstellung war schon sehr komisch. Man war darauf eingeschworen bis 21 zu spielen. Vor allem gegen Spieler, die etwas anders spielten, war es gut sich erstmal ein wenig einspielen zu können. Bei den Spielen bis 11 da muss man gleich voll da sein, sonst ist vorbei.
Aber ich finde es auch interessant, weil es so spannender geworden ist.
11. Frage:
Wenn du eine Regel ändern könntest, welche wäre das?
Da fällt mir nichts ein.
Ich habe mir lange Zeit gewünscht das die behandelten langen Noppen verschwinden, da diese das Spiel tatsächlich nur zerstört haben.
Wie ich mitbekommen habe, sind diese mittlerweile tatsächlich verboten und kaum noch im Umlauf. 😊